Gegen das Vergessen – Schüler nahmen erneut an Stolpersteinverlegung teil


Am vergangenen Freitag begleiteten die engagierten Schülerinnen und Schüler des Projektkurses (Q2) von Herrn Akyazi eine Stolpersteinverlegung in Oppum. Die Steine wurden zu Ehren der Familien Alex und Johanna Windolph sowie Karl und Auguste Wolf verlegt, die als sogenannte Bibelforscher während der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt wurden. Der Tag begann mit einer musikalischen Darbietung der Religionsgemeinschaft Jehovas Zeugen. Im Anschluss hatten die Schülerinnen und Schüler die Gelegenheit, ihre Reden zu halten, die die Geschichte der beiden Familien würdigten und gleichzeitig die Bedeutung der Erinnerung betonten. In ihren Ansprachen reflektierten die Schülerinnen und Schüler über das Schicksal der Familien Windolph und Wolf. Die Stolpersteine selbst wurden vom Künstler Gunter Demning verlegt, der in den letzten 31 Jahren mehr als 100.000 Steine europaweit platziert hat. Die Organisation der Veranstaltung wurde von unserem Kooperationspartner Villa Merländer übernommen. Die Steine wurden großzügigerweise vom Bürgerverein Oppum gestiftet. Eine Woche vor der Verlegung besuchte Herr Hakes vom Bürgerverein die Schülerinnen und Schüler des Projektkurses in der Schule, um sich mit dem Kurs auszutauschen und sie über die Initiative des Bürgervereins aufzuklären. Die Stolpersteinverlegung in Krefeld Oppum war ein bedeutungsvoller Akt gegen das Vergessen. Wir danken allen Beteiligten, die diesen wichtigen Beitrag ermöglicht haben.

Aus der Rede:

„Liebe Anwesende,

heute stehen wir, die Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Horkesgath, gemeinsam mit Ihnen hier, um an diesem bedeutsamen Ereignis teilzunehmen. Unser Ziel ist es, die Erinnerung an das Schicksal zweier Familien während des Nationalsozialismus lebendig zu halten. Gemeinsam möchten wir heute die Geschichte der Ehepaare Alex und Johanna Windolph sowie Karl und Auguste Wolf ehren, die als sogenannte Bibelforscher von den Nationalsozialisten verfolgt wurden und in Gefängnissen sowie Konzentrationslagern inhaftiert waren. Die vor uns liegenden Stolpersteine erinnern uns daran, dass Menschen in der NS-Zeit aufgrund ihres Glaubens und ihrer Überzeugungen Opfer nationalsozialistischer Verfolgung werden konnten.

Warum wurden die Ehepaare Alex und Johanna Windolph sowie Karl und Auguste Wolf verfolgt? Ihr Vergehen bestand darin, sich nicht im Sinne der Nationalsozialisten zu betätigen und sich zu weigern, Teil eines Kriegsszenarios der Nationalsozialisten zu werden und an Luftschutzszenarien teilzunehmen. Die Entziehung des Personenfürsorgerechts für ihre eigenen Kinder, die Trennung von ihnen und die Entziehung ihrer Freiheit waren der hohe Preis, den sie für ihren Glauben und ihre Überzeugungen zahlen mussten. Dennoch blieb Auguste Wolf sehr mutig und schreckte auch nicht davor zurück, sich mit einem Schreiben gegen die Zwangsmitgliedschaft ihrer Tochter in einer NS-Organisation zu wehren. Sie forderte die Rückgabe ihrer Tochter und schrieb, dass sie sich ihr Recht erstreiten wolle. Einen Monat später wurde sie verhaftet.

„Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen“ – die Bibelforscher akzeptierten weder Hitler als einen Führer, der sich gottähnlich anmaßte, für das Volk zu sprechen, noch akzeptierten sie, an kriegerischen und verbrecherischen Taten der Nationalsozialisten teilzunehmen. Das NS-Regime hat uns auf schmerzliche Weise gezeigt, wie existenziell die Freiheit des Glaubens für eine demokratische Gesellschaft ist. Wenn der Glaube nicht frei ist, sind auch die Gedanken der Menschen nicht frei, und sie werden gezwungen, Dinge zu tun, die ihren innersten Überzeugungen zuwiderlaufen.  Die Stolpersteine vor uns sind Mahnmale gegen das Vergessen. Wir gedenken den Opfern, denen Schreckliches widerfahren ist, und werden daran erinnert, die Vergangenheit nicht hinter uns zu lassen. Es ist unsere Pflicht, sicherzustellen, dass sich solche Geschehnisse wie der Nationalsozialismus nicht wiederholen. Leider erleben wir heute viel zu oft, dass dies nicht selbstverständlich ist.

Wir bedanken uns bei der Villa Merländer und dem Bürgerverein Krefeld-Oppum für die Möglichkeit, Teil dieser bewegenden Veranstaltung zu sein. Ebenso danken wir allen Anwesenden, die durch ihre Teilnahme und Aufmerksamkeit diese Gedenkstunde bereichert haben. Wir hoffen, dass wir eine Zukunft gestalten können, in der Toleranz, Respekt und Freiheit für alle Menschen selbstverständlich sind. Gemeinsam tragen wir die Verantwortung, eine Welt zu schaffen, in der sich solche Schrecken der Vergangenheit nicht wiederholen können. Vielen Dank.“

Bericht und Fotos: Mehmet Akyazi

zum Nachlesen in der Tagespresse:

Rheinische Post: https://rp-online.de/nrw/staedte/krefeld/stolpersteinverlegung-in-krefeld-erlebt-eine-zeitzeugin-per-zoom_aid-103296119
Westdeutsche Zeitung: https://www.wz.de/nrw/krefeld/krefeld-zehn-neue-stolpersteine-als-erinnerung_aid-103433101